Mediaschneider: Lieber Jano, Du hast Dich mit dem Thema Älterwerden und Mediennutzung beschäftigt. Was hat dich dazu motiviert?
In der Mediaplanung der Kunden stehen oft quantitative Aspekte im Vordergrund – CPM, TKP, günstige Kontakte und hohe Reichweiten dominieren die Diskussion. Das begünstigt digitale Medienkanäle, während klassische Medien zunehmend ins Abseits geraten. Das hat mich dazu gebracht, die Frage zu stellen: Was beeinflusst die Anforderungen an die Kontaktqualität? Welche Gründe gibt es, die für qualitativ hochwertigere Kontakte sprechen?
Ich habe bei mir selbst gemerkt, dass sich mit dem Älterwerden gewisse Dinge verändern: Ich werde zum Beispiel vergesslicher und bin sensibler gegenüber wechselnden Lichtverhältnissen. Mich interessierte, ob solche Veränderungen auch die Art und Weise beeinflussen, wie wir Informationen aufnehmen und ob dadurch gewisse Mediengattungen geeigneter sind als andere. Tatsächlich belegen verschiedene Studien, dass sich die Veränderungen im Alter auf die Anforderungen an die Kontaktqualität auswirken. Diese Erkenntnisse habe ich in einer Präsentation zusammengefasst, um eine Diskussion anzustossen und vielleicht auch wieder mehr Aufmerksamkeit auf Printmedien zu lenken.
Mediaschneider: Was genau verändert sich im Alter, und ab wann treten diese Veränderungen ein?
Jano: Diese Veränderungen setzen früher ein, als viele denken. Bereits ab etwa 32 Jahren nimmt bei Männern das Hörvermögen ab — etwas, das Frauen schon immer wussten, nun aber auch wissenschaftlich belegt ist. Ab 40 verschlechtert sich die Anpassung an grelles Licht und ab 50 Jahren kann das Gesichtsfeld eingeschränkt werden, und es dauert länger, bis man Dinge scharf wahrnimmt. Die Folge: Informationen werden weniger effektiv verarbeitet, da fluide kognitive Fähigkeiten nachlassen. Das Denken verlangsamt sich, und die Anpassung an neue Situationen wird schwieriger. Dadurch wird die Informationsaufnahme im sensorischen und Arbeitsgedächtnis erschwert – wir nehmen Informationen langsamer auf und vergessen sie leichter. Natürlich treten diese Veränderungen nicht bei jedem Menschen zur gleichen Zeit auf, da jeder sein eigenes biologisches Alter hat.
Mediaschneider: Welche Mediengattungen sind für Ältere besonders gut geeignet, und mit welchen haben sie eher Mühe?
Jano: Das kommt ganz auf die Menge der Informationen an, welche man kommunizieren möchte. Wenn man viele Informationen vermitteln möchte, ist es besonders vorteilhaft, wenn der potenzielle Kunde die Informationen in seinem eigenen Tempo aufnehmen und bei Bedarf wiederholen kann. Schwieriger wird es bei textlastigen Inhalten auf Plakaten oder kurz aufpoppenden Nachrichten in digitalen Medien, besonders in unruhigen Umgebungen. Wenn Informationen nicht richtig wahrgenommen werden können, ist der Effekt bei der älteren Zielgruppe gleich null – egal, wie oft die Botschaft gezeigt wird. Printmedien bieten ein ruhiges Umfeld, in dem die Botschaft im eigenen Tempo aufgenommen werden kann. Ein zusätzlicher Vorteil: Die Anzeige kann aufbewahrt und beispielsweise zum Einkauf mitgenommen werden.
Mediaschneider: Viele Marken möchten sich verjüngen und fokussieren sich darauf, die Gen Z besser zu erreichen. Was rätst du Werbekunden? Warum sollten die Älteren deiner Meinung nach trotzdem nicht vergessen werden?
Jano: Weil diese Zielgruppe extrem attraktiv ist! Sie wächst jedes Jahr, bleibt dank steigender Lebenserwartung länger jung, aktiv und konsumfreudig. Zudem verfügt sie über hohe Kaufkraft und oft über ein beträchtliches Vermögen. In der Schweiz fühlen sich Menschen laut einer aktuellen Studie erst mit 80 Jahren wirklich alt! Diese Zielgruppe reagiert gut auf klassische Marketingmassnahmen und sie gönnen sich gerne etwas. Zudem sind sie wichtige direkte und indirekte Beeinflusser! Viele von ihnen begleiten die Jüngeren bei den ersten Schritten in die Selbstständigkeit. Familienmitglieder werden in der MACH Consumer-Studie sehr oft als eine der Top-Informationsquellen genannt. Sie fungieren somit auch als bedeutende «Influencer» in zahlreichen Bereichen wie Versicherungen, Einrichtungen, Heilungstipps, Kindererziehung, Reisen und mehr. Neben ihrer Kaufkraft ist diese Zielgruppe auch zahlenmässig die grösste: Die Babyboomer, Generation X und ein Teil der Generation Y machen zusammen etwa 55 % der Gesamtbevölkerung aus (Stand 2022, Statistik BfS).
Unser Interviewpartner:
Jano Berni, Agency Sales Manager bei Ringier
jano.berni@ringier.ch