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Den Tag eröffnete Nora Beckershaus, Chief Innovation Officer bei Storymachine, welche sich damit beschäftigt für Marken wertvolle Follower zu generieren. Ihr Statement zu Beginn: «Die Zeit der kalten Reichweite ist vorbei», womit sie klassische bezahlte Reichweite meint. Bei ihrem Vortrag stand die Distribution über soziale Medien im Vordergrund. Durch die immer weiter sinkende organische Reichweite stellt sie als wichtigste Währung Interaktion und Engagement heraus (=warme Reichweite).

Im Gegensatz dazu beschreibt sie die klassische Herangehensweise: Zielgruppen definieren, diese mit Storytelling anzusprechen, A/B Testings durchzuführen und dadurch Erkenntnisse ziehen um die Ansprache weiter zu optimieren. Sie bemängelt, dass auf diese Weise jedoch keine «warme Reichweite» generiert werden kann.

Viel wichtiger sei es, genau den richtigen, aktiven Personenkreis zu finden, der die gewünschte Viralität und das damit verbundene Engagement erzeugt. Durch ein Analysetool identifiziert das Unternehmen diese ausschlaggebenden Nutzer und spricht diese Zielgruppe spezifisch an, um daraus die Viralität zu erzeugen, welche letztendlich für die Reichweite und effektives Marketing führt. Diese Personen finden sich nicht immer nur auf Facebook oder Instagram – je nach Botschaft muss man auf Nischen-Communities ausweichen, um diese gezielt ansprechen zu können.

Eine etwas andere Sichtweise eröffnete Tim Alexander, Chief Marketing Officer der Deutschen Bank. Das Zitat «Heute sind Kunden aufgeklärt, wütend, entschlossen und wirkungsstark» stellte er an den Anfang seines Vortrags. Gerade in der Finanzbranche stehen die Unternehmen vor der Herausforderung die Marke in eine positive Wahrnehmung zu rücken. Die Medientonalität sei im roten Bereich, sagte er zu Beginn gerade heraus.

Contentmarketing sieht er dabei als wichtiges Instrument um dieser Entwicklung entgegenzutreten. Mit drei Schritten gilt es die Wahrnehmung der Marke zu verbessern:

  1. Emotionen: Der erste Schritt sei es den Kunden zu verstehen und Emotionen mit dem Content auszulösen. Nur so könne man Relevanz beim Nutzer schaffen. Dabei sei es wichtig für ein Unternehmen eine emotionale Positionierung festzulegen, die sich in jeglichen Inhalten wiederspiegeln sollte.
  2. Teilhabe: Im heutigen Zeitalter will sich der Kunde beteiligen, will am Produkt und neue Prozesse eingezogen werden. Deshalb sei es wichtig immer die Sicht des Kunden zu berücksichtigen. Die deutsche Bank geht dabei so weit, dass bei allen Meetings ein leerer Stuhl steht, der die Kundensicht verdeutlichen soll. So wird verinnerlicht, dass diese Ansicht immer wieder vor Entscheidungen hinterfragt werden sollte. Bei einigen Prozesspunkten wird dieser Sitzplatz sogar mit einem realen Kunden gefüllt, der nochmals alles kritisch prüfen soll.
  3. Technologie: Im dritten Schritt geht es darum, Interessenten, welche mit dem Content in Kontakt standen, in Sales umzuwandeln. Mit weiteren Marketing Massnahmen, die an das Erstinteresse anschliessen, wird der Kunde zum Abschluss geführt. Zielsetzung sei dabei, beim Kunden am Ende mit dem Gefühl auszulösen: «Die Deutsche Bank hat mich verstanden».

Abschliessend kommt Tim Alexander zur Ausgangslage «Roter Bereich» zurück und betont, wie wichtig die Content-Massnahmen sind, um Vertrauen zu generieren, um über kurz oder lang die Deutsche Bank aus «dem roten Bereich zu führen».

Nach dem Mittagessen vermeidet die lebendige Präsentation von Chomoi Picho-Owiny, dass die Zuschauer in ein Mittagsloch sacken. Chomoi Picho-Owiny arbeitet bei der New York Times und vertritt das T Brand Studio, welches sich mit Content Generierung für Marken befasst.

Der Fokus liegt bei der Contentgenerierung darauf, DIE eine Story hinter der Marke zu finden. Als Beispiel nennt er eine Kooperation mit Netflix, welche der T Brand Studio die Vorgabe gesetzt hatte, die Gefängnis-Serie «Orange is the new black» zu promoten. Chomoi sagt mit Augenzwinkern, dass wohl die meisten einfach den Teaser der Serie verbreitet hätten. Nicht so die New York Times. Was folgte war eine Reportage aus einem echten Frauengefängnis, in welcher die Insassinnen ihre Geschichten erzählen konnten.

Dies unterstützt nochmals Picho-Owinys Hauptaussage, dass eine gute Story «hart» recherchiert werden muss und nicht innerhalb einer halben Stunde bei einem Brainstorming entstehen kann. Dabei gilt es mit dem Unternehmen und ihren Mitarbeiter in direkten Kontakt zu kommen um auf eine relevante Geschichte zu stossen, die erfolgversprechend ist, zum Umfeld der New York Times passt und auch unbezahlt als Geschichte taugen würde. Abschliessend betont er, dass wenn diese Rahmenbedingungen nicht gegeben sind, die Kunden die Story abweisen würden – bisher sei dieser Fall jedoch noch nicht eingetroffen

Der Kernpunkt «Relevanz zu schaffen» zieht sich durch alle Vorträge und taucht auch so bei dem Vortrag von Christian Lüscher von Tamedia auf, welcher den Kundencase «Volvo» präsentiert.
Das Unternehmen ging mit dem Versprechen an die Öffentlichkeit, dass ab 2020 durch Volvofahrer keine Schwerverletzten oder Tote in Unfällen entstehen werden und startete die Debatte ihr Autos auf maximal 180km/h zu regulieren.

Tamedia unterstützte mit journalistischem Background und der Distribution der Contentreihe. Ziel war es, mit gesellschaftlich relevanten Themen an die Öffentlichkeit zu gehen und das Thema Fahrsicherheit für Volvo zu besetzen. Durch die Analyse von Verkehrsdaten des Strassenamtes wurde herausgefunden, dass Frauen im Vergleich zu Männern sehr viel öfter in Unfällen schwerverletzt werden. Hintergrund ist, dass Dummies bei den Crashtests an der Statur von Männern orientiert sind und die anatomischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht berücksichtigt werden. Weitere Beiträge bezogen sich auf Sicherheitsmassnahmen, autonomes Fahren in der Zukunft und Porträts von Unfallbetroffenen, welche den gewünschten Erfolg mit sich brachten und die Diskussion anfachten.

Abschliessend gab Lüscher dem Publikum noch sechs Erfolgsfaktoren für erfolgreichen Content mit:

  • Ein gesellschaftlich relevantes Thema
  • Klares Storytelling mit klarer Struktur
  • Klar definierte Ziele
  • Kohärenz zur Mission des Unternehmens
  • Crossmediale Umsetzung
  • Der Leser im Fokus. Nur der Leser.

In diesem Zusammenhang sollte man auch die Inhalte auf Mobile Nutzer optimieren: keine zu langen Texte an einem Stück aufzeigen, sondern diese mit interaktiven Elementen, Grafiken und Videos unterbrechen.

Was alle Vorträge vereinte, war das Wort «Relevanz». Das richtige Thema ist zentral für ein erfolgreiches Content-Marketing und wie es einige Speaker deutlich machten, muss man dafür manchmal tiefer graben oder Umwege gehen, um erfolgreich zu sein.